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Die Homepage wurde von der Interessengemeinschaft "Chronik Raschau" erstellt und ist keine offizielle Seite der Gemeindeverwaltung.

 

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Bei der Darstellung der Firmengebäude wurde früher auch gerne "gemogelt", um eine große Firma vorzutäuschen.

Hier eine Ansicht aus dem Jahr 1880:

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Die Anfänge der Korkindustrie im Ort unter Wilhelm Merkel

Der Pfarrer Gottlieb Schulze schrieb in sein Chronikbuch. "Im Monat Oktober 1855 begann der hiesige Handelsmann und Kirchenvorsteher, Heinrich Wilhelm Merkel, Korkholz, das er von Hamburg bezog, zu drehen und drehen zu lassen und so Flaschenstöpsel von allerlei Größen zu fertigen."

1850 kaufte er ein Wohnhaus (Schulstraße 47, oberhalb von Bäckerei Lorenz, Jahr 2005). Hier begann er mit der Herstellung von Korkstöpseln

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Damit schlug die Stunde des Beginns der Korkproduktion im Ort. Diese Produktion existierte in Deutschland bereits 125 Jahre. Ausgegangen war sie von einer Firma in Delmenhorst bei Oldenburg. Nach der Entstehung von Bahnlinien wurde der Transport des Korkholzes in größerer Menge erst möglich. So konnte sich die Stöpselproduktion auch bis nach Sachsen ausbreiten, doch zunächst als Hausindustrie.

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 (Jetzt Schulstraße 47)

Heinrich Wilhelm Merkel (*2. 4. 1810 - +9. 3. 1881)

Es scheint gewiß, dass Merkel mit anderen deutschen Korkfabrikanten Verbindung aufgenommen hatte. Die Korkrinde wurde aus südlichen Ländern am Mittelmeer bezogen.  

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Per Schiff kam das Rohmaterial nach Hamburg. Von hier transportierte die Eisenbahn die Rinde in Ballen weiter bis Zwickau. Von dort wurde sie mit dem Pferdefuhrwerk abgeholt.

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In dem handwerklichen Betrieb arbeiteten wenige Korkschneider, die mit scharfen Messern die Pfropfen zurechtschnitzten.

Das Unternehmen entwickelte sich recht gut. Bereits am 1.11.1859 wurde Merkels neues Haus, ein Fabrikgebäude (Schulstraße 46) eingeweiht.

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Hier wurde offiziell die bekannte Firma Wm Merkel, Korkfabrik gegründet. Ein Vorteil ergab sich daraus, daß 1858 auch die Bahnlinie von Zwickau bis Schwarzenberg den Betrieb aufgenommen hatte. Nunmehr holte man das Korkholz vom Schwarzenberger Bahnhof ab. Die Fuhrleute brachten auch den Samen der spanischen Wucherblume mit, der in dieser Gegend bald zu einer Blütenpracht führte.

Eifrige Schwarzenberger nannten diese Blume fortan einfach 'Schwarzenberger Edelweiß', ohne die Raschauer Korkfuhrleute gefragt zu haben. In der Firma arbeiteten 1863 fünf Korkschneider.

Vier Jahre später, also 1863, gab Wilhelm Merkel die Fabrik wieder auf. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Er verkaufte sie an Carl Lindemann aus Dresden. Auch das Wohnhaus gab er ab, in dem er vor 10 Jahren die Stöpselproduktion begonnen hatte. Er zog in sein neues, am Ufer der Mittweida erbautes Wohnhaus (Annaberger Straße 63, unterhalb vom späteren Kaufhaus Meyer). Doch auch das verkaufte er bereits 1870 wieder.

1872 ersteigerte Wilhelm Merkel ein Wohnhaus in Mittweida (Mi 2) und eine Lohmühle. Er errichtete dort eine Holzschleiferei (später die 'Rußhütte'). Doch mit 66 Jahren gab er auch diese Produktionsstätte wieder auf und verkaufte sie an Gustv Müller, bekannt als 'Pappen- Tav'. Noch am 9. 3.1880 wurde Merkel mit einem Ehrendiplom vom Gemeinderat in Raschau für seine 'Verdienste um die hiesigen Korkfabriken' ausgezeichnet. In Raschau arbeiteten damals bereits mehrere Korkfabriken.

Am 5. April 1881 verstarb Heinrich Wilhelm Merkel. Doch die von ihm gegründete Fabrik behielt auch unter den Lindemanns den Namen 'Korkfabrik Wm Merkel'. 

Die Korkfabrik unter Carl Lindemann bis 1888 

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Carl Lindemann wurde in Neustädtel geboren. In Schneeberg besuchte er die Bürgerschule. Seine Eltern starben frühzeitig. Er wuchs bei seiner Tante auf. Nach der Schulzeit zogen seine Pflegeeltem mit ihm nach Hohnstein bei Stolpen. Nun besuchte er eine Privatschule in Dresden. Er lernte in der Amoldischen Buchhandlung Beruf eines Buchhändlers. Nach der Lehrzeit ging er auf Wanderschaft. Dabei hielt er sich auf in Leipzig, Nürnberg, Brünn, Hamburg und Berlin. In Buchhandlugen war er tätig.
1855 gründete er in Hohnstein eine Korkfabrik, die 1858 nach Dresden verlegt wurde. Am 2. 5.1863 übernahm er die Korkfabrik Wm Merkel in Raschau durch Kauf. Er nutzte die Dampfkraft und brachte den Betrieb zu einem der führenden auf dem Gebiet der Korkverarbeitung. 1888 wirkten in seiner Fabrik in Raschau bereits 110 Arbeiter.
Lindemann erhielt vom Staat mehrere Auszeichnungen. 1890 wurde er Königlich-Sächsischer Kommerzienrat, erhielt das Ritterkreuz 1. Klasse zum Albrechtsorden. 1897 wurde er Generalkonsul in Ekuador. Er war Vorsitzender des Sächsischen Exportvereins. 1898 hatte der Betrieb bereits 175 Arbeiter und mußte deshalb baulich wesentlich vergrößert werden.

Carl Gottlob Lindemann übernahm am 23.4.1863 käuflich die Korkfabrik in Raschau. Ab dem 2. 5.1863 war er bereits Chef über 20 Arbeitskräfte.Carl Lindemann, geboren am 25. 9.1831 in Neustädtel, in Schneeberg die Schule besucht, lernte in Hohnstein die Buch- und Handelsbranche. Er war in bekannten Verlagsbuchhandlungen tätig, so in Leipzig, Nürnberg, Brünn, Hamburg und Berlin. 1855 erfolgte die Gründung der Korkfabrik in Hohnstein (Sächsische Schweiz). 1858 wurde die Produktion nach Dresden verlegt. Ab 1863 legte Lindemann den Schwerpunkt seines Wirkens auf die Entwicklung der Fabrik in Raschau. Er besaß persönlich eine hervorragende kaufmännische und technische Begabung und leitete die Fabrik erfolgreich. Er legte damit den Grund für die Industrialisierung des Dorfes. Die Fabrik in Dresden verkaufte er 1879 krankheitshalber.

In Raschau führte er die maschinelle Produktion ein. Das 1859 erbaute Fabrikhaus wurde ausgebaut, erhielt 1871 einen 17 m hohen Schornstein und Nebengebäude. Eine Dampfmaschine bewerkstelligte den Antrieb. 1870 kam zur Fabrik mit 130 qm Grundfläche ein Haus an der Dorfstraße .

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  (Schulstraße 40, Abriß 1999)

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Vor dem dreistöckigen Nebengebäude der Fabrik steht in Fuhrwerk, beladen mit Korkholz, das der Fuhrmann vom Lager in die Fabrik transportiert.
Das Holz der Korkeiche wurde bis 1889 vom Bahnhof in Schwarzenberg mit Pferdegespann abgeholt. Durch diese Fuhren wurden die Samen der spanischen Wucherblume im Grund herauf verbreitet, die bald als das Schwarzenberger Edelweiß bekannt wurde.
Das Foto zeigt auch einen Stapel von Natursteinen, aus denen 1888/1889 ein Pfeiler der Eisenbahnbrücke errichtet werden soll. Die Dorfstraße ist noch ohne Fußsteig. Das Haus hat nicht nur Fensterläden, sondern auch einen Laden an der Tür.
1768 wird das Gebäude erstmals erwähnt. Besitzer war Gottlob Jacob, ein Spitzenhändler (*1716 - +1804). 1828 besaß es der Hufschmied Carl Wilhelm Ziemert (*1790 - +1856). 1870 erwarb es Carl Lindemann für die Korkindustrie.

Hinzu kam das Haus des Handelsmanns Hermann Ficker im Jahr 1888, wo später die Hauptgebäude der Fabrik errichtet wurden.

Bereits 1531 enstand auf diesem Grundstück das erste Gebäude.

Kurzum nach und nach vergrößerte sich das Unternehmen. Zum 25. Jahrestag der Lindemannschen Fabrik 1888 wurden hier bereits 100 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt.

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Vom Fabrikpersonal verlangte der Chef treue Pflichterfüllung. Eine gestrenge Arbeitsordnung hatte er verfaßt. Bei Verstößen gegen diese wurde mit Lohnabzug oder auch Entlassung gedroht. Andererseits erlaubte Lindemann den Raschauer Sportlern, die 1868 den Turnverein DT 68 gegründet hatten, daß sie einen Fabrikraum für einige Jahre als Trainingsstätte für ihre Turnübungen nutzen konnten.

Die Korkfabrik von 1889 bis 1913

Der erste Zug, von Schwarzenberg kommend, fuhr am 1. Novembr 1889 nach Annaberg. Der Raschauer Haltepunkt erhielt ein Nebengleis. Die Korkballen wurden nunmehr durch die Fuhrwerke von hier abgeholt und in die durch den Bahndammbau kleiner gewordene Lagerstätte gebracht.

Carl Lindemann hielt sich wiederholt in den südlichen Ländern auf, um die Korkrinde zu begutachten und das beste Rohmaterial auszusuchen. Er reiste sogar deshalb nach Algerien. Besonders aus Spanien bezog die Fabrik die Rinde der Korkeiche. Der Konkurrenz war sein Betrieb gewachsen.

Er entwickelte sich zu einem der größten und bedeutendsten der Korkindustrie. 1898 arbeiteten hier 175 Betriebsangehörige.

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Um 1898 waren ungefähr 150 Arbeiter in der Fabrik beschäftigt, unter ihnen auch einige Arbeiterinnen.
Das Foto ist wahrscheinlich entstanden, als 1898 an der Fabrik weitere Ausbauten vorgenommen worden waren. Auch das 35. Jubibäum seit der Übernahme der Fabrik durch
die Lindemanns könnte der Anlass gewesen sein.
Das Foto zeigt den Innenhof der stattlichen Fabrik links ist bereits eine Glasverkleidung zu sehen.
Das Bild erweckt den Eindruck einer aufwärtsstrebenden und erfobgreich arbeitenden Firma.

Diese Entwicklung konnte auch eine Feuersbrunst am 24. 8.1891 nicht aufhalten. Allerdings waren einige Betriebsteile den Flammen zum Opfer gefallen. Noch im Brandjahr wurde ein Niederlagsgebäude von 320 qm Grundfläche errichtet, 1894 entstanden Holzdämpferei, ein Kohlenschuppen, ein Schwefelhaus, ein 30 Meter hoher Schornstein, Wasserhaus, Lufttrockenschuppen und eine eigene Schlosserei.

50 Jahre Feuerwehr 047 s

Die Firma erhielt bis 1913 33 Auszeichnungen auf den von ihr beschickten Ausstellungen, so in Chemnitz 1867, Amsterdam 1869, Dresden 1871, Wien 1873, Philadelphia 1876, Melbourne 1888, London 1891, Chikago 1893, Antwerpen 1894, Lübeck 1895, Leipzig 1897, Brüssel 1910. Der Absatz der Produkte erfolgte in allen Kontinenten dieser Erde. Im Büro der Fabrik erfolgte die Korrespondenz in deutscher, französischer, englischer, italienischer und spanischer Sprache.

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Carl Lindemann war Vorsitzender des Exportvereins in Sachsen von 1885 bis 1904. Zu dieser Vereinigung gehörten über 1100 Firmen der Exportindustrie Sachsens und Thüringens. Auch wurde er zum Vorsitzenden des Verbandes der deutschen Korkindustrie gewählt.

Im Betrieb selbst bestand für die Belegschaft eine eigene Betriebskrankenkasse, deren erstes Statut 1892 verfaßt worden war. Jeder Arbeiter wurde nach zwanzigjähriger Arbeitsdauer mit 300 Mark in die Lebensversicherung aufgenommen. Die Prämien zahlte die Firma ein. Eine betriebliche Sparkasse wurde gebildet, als im Ort eine solche noch nicht bestand. Jeder konnte beim wöchentlichen Lohnbezug die Höhe seines Sparbetrages bestimmen.

Doch die andere Seite ist folgende: 1906 betrug die Arbeitszeit des Korkschneiders 65 Stunden und mehr pro Woche. Emil Kräher, der Tagebuch führte, gab für sich 67 1/2 Stunde an, wofür er 15,77 Mark an Lohn erhielt. Sein Stundenlohn betrug demnach 23 Pfennig. In einer Korkfabrik zu Hannover verdiente ein Arbeiter pro Stunde 47 Pfennig und arbeitete wöchentlich 54 Stunden. Allein durch dieses Beispiel wird erhärtet, wie die Lindemanns reich geworden waren und sich gegen die Konkurrenz behaupten konnten.

Für die Arbeiter war strengester Gehorsam angesagt, ansonsten hagelte es Strafen, hier einige Beispiele:

Höchster Lohn: 2,10 M Arbeiter
Strafen :
-,10 M wegen Zuspätkommens
-,10 M während der Arbeitszeit herumgestanden
-,30 M auf Säcken herumgeklettert
-,20 M weil Unfug getrieben
-,20 M wegen Balgerei
-,30 M wegen Gehorsamsverweigerung dem Werkmeister gegenüber
-,20 M während der Arbeitszeit unterhalten
-,20 M weil mit einem anderen zugleich auf einem Abort gewesen
-,20 M weil sich im Hofe herumgebalgt.

Höchster Lohn: 1,60 M Arbeiterin
Strafen:
-,20 M wegen Herumstehens
-,20 M schlecht sortiert
-,30 M weil auf das Dampfrohr getreten
-,10 M zum Fenster hinausgesehen
-,50 M weil den Bohrer zerbrochen
-,30 M wegen ruhestörenden Lärms
-,20 M wegen liederlicher Arbeit

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Visitenkarte aus dem Jahr 1907

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Das Gebäude um 1908

1913 arbeiteten im Betrieb 350 Arbeiter und Angestellte. Damit war ein vorläufiger Höhepunkt in noch friedlicher Welt erreicht. Zu Ehren Carl Lindemanns wurde nun die Straße zwischen Schule und Bahnhofsbrücke offiziell 'Lindemannstraße' genannt. 

Erster Weltkrieg, 1914-1918 

Im Dorf wurden bald die Auswirkungen des Krieges mehr und mehr spürbar. Hunger und Not und das Bangen um die an den Fronten stehenden jungen Männer nahmen überhand. Für die Korkfabrik blieben bald die Lieferungen von Rohmaterial aus Spanien und Portugal aus. Rückgang der Produktion, Entlassungen von Arbeitern waren die Folge. 

Die Firma Wm Merkel war fünf Jahre nach der hoffnungsvollen 50-Jahrfeier von 1913 nunmehr 1918 in einem bedenklichen Tief angekommen. Unrühmliches Kriegsende, Niedergang und Hungersnot prägten diese Tage. 

Die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus  

Die Korkrinde konnte wieder aus den südlichen Ländern bezogen werden, was die Voraussetzung für die umfangreiche Fertigproduktion bedeutete. 

Trotzdem erholte sich der Betrieb nach der Inflation von 1923 langsam wieder. Gute Beziehungen bestanden seinerzeit zwischen dem Raschauer Mittelstand und den Lindemanns. Der bürgerliche Gesangverein 'Orpheus' besuchte 1924 Oskar und Walter Lindemann in der Villa in Dresden. Dort wurde auch ein kleines Gesangsprogramm geboten. 

Die Fabrik brachte 1927 einen Umsatz von 50.000 Mark. Doch das nächste Malheur blieb nicht aus. Mit einsetzender Weltwirtschaftskrise 1929 gab es einen erneuten Rückschlag. Entlassungen, Arbeitslosigkeit und Not kehrten wieder ein als unvermeidbare Entwicklungen der kapitalistischen Gesellschaft. Die Firma geriet in Zahlungsschwierigkeiten. Die Belegschaftsstärke sank rapid.

Um die Fabrik vor dem Konkurs zu bewahren, verkauften die Lindemanns im Juni 1930 das Unternehmen. Käufer war die 1929 gegründete Firma Vereinigte Korkindustrie in Berlin-Wilmersdorf.

Oskar und Walter Lindemann wohnten in Raschau auf der Lindemannstraße 132

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  (2006 Schulstraße 47)

Sie gaben auch das Wohnhaus auf und zogen wieder nach Dresden. Die Beziehungen zueinander waren infolge der Erbschaft bald nicht mehr die besten. In Dresden wohnte Oskar unten und Walter mit Familie oben in der Villa. Aber sie sprachen kein Wort miteinander.

In der Korkfabrik Wm Merkel arbeiteten 1938 etwa 150 Beschäftigte. Zuwachs an Arbeitern erhielt die Firma 1938. Im Oktober dieses Jahres war die Korkfabrik Schwerdtner in Schneeberg-Neustädtel aufgelöst worden. Etwa 10 Familien kamen deshalb von dort nach Raschau. Einige bauten in der Anton-Günther-Straße ein Haus. Wenige Arbeiter blieben zunächst in Neustädtel wohnhaft. Sie liefen täglich früh um 5 Uhr nach Raschau und nach getaner Arbeit wieder zurück.

Um vor Kriegseinwirkungen durch anglo-amerikanische Bomben geschützt zu sein, verlagerte die Firma Bender & Co., Frankenthal bei Mannheim-Ludwigshafen 1944 einen Teil ihrer Produktionsanlagen nach Raschau.

Die Korkfabrik von 1945 bis 1980

ln den Fabrikgebäuden arbeiteten nach Kriegsende nun zwei Firmen, Wm Merkel und Bender & Co.. Beide gehörten nach wie vor zum Konzern der Vereinigten Korkindustrie, Berlin. Die Produktion lief schon in der besatzungslosen Zeit im Mai/Juni 1945 wieder an.

Der Firma Bender & Co war es infolge der innerdeutschen Entwicklung nicht mehr möglich, ihre Kronkorkstanzen und andere Maschinen wieder nach Frankenthal zurückzubringen. Diese Firma wurde in der Folge auch Staatlicherseite unterstützt. Sie entwickelte sich unter schwierigen Verhältnissen zu einem wichtigen Betrieb. Die Beschaffung von Korkholz wurde für beide Firmen unter den Bedingungen des Kalten Krieges immer schwieriger. Sie waren gezwungen, nach einem 'Ersatzkork' vor allem für die Flaschenverschlüsse zu suchen. Anfang der 50er Jahre gelang es nach längeren Versuchen, diesen Ersatz zu finden. Korkabfälle wurden zu Korkschrot zermahlen und mit Leim, Härter und anderem vermischt und gepresst. Daraus entstanden Presskorke, die in Blechhüllen gedrückt als vorzügliche Kronenverschlüsse für Flaschen dienen konnten.

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Am 1. Juni 1956 wurden beide Betriebe zusammengeschlossen unter dem Firmennamen 'Korkfabriken Bender & Merkel GmbH’.

1975 bestand die Belegschaft aus 168 Mitarbeitern, und es erfolgte die Umstellung von Kork auf PVC. Korkmasse wurde jedoch noch in der Alten Mühle (Schulstraße 45) hergestellt,

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Die alte Mühle der Korkdabrik Foto: 8.5.1975  (jetzt Schulstraße 45)

Gustav Graupner (1849 -1918) hatte hier eine Gerberei und Spunddreherei eingerichtet. Ein unterschächtiges ‘Wasserrad von 5,4 m Durchmesser setzte das Räderwerk in Gang. In einem (Pochwerk wurden die ‘Rinden durch zwölf hölzerne Stempeln zerstampft. Graupner war im (Dorf Orts- und Friedensrichter)
Um 1900 übernahm die Korkfabrik ‘Wm Merkel die "Mühle". Sie diente jetzt der Herstellung von Kunstkork. Nunmehr wurden Korkholzabfälle zermalen. Um eine größere Leistung zu erzielen, baute man ein oberschächtiges Wasserrad ein. Dazu mußte im Wasserlauf ein Ober- und Untergraben angelegt werden. Dazwischen drehte sich das Kunstrad über das Fluder.
Erzeugt wurden verschiedene Sorten Isoliermaterial. Noch 1950 unter Bender & Merkel wurde hierfleißig gearbeitet, bevor 1983 das alte Haus (ehemals Schubstreße 45) und ein Teil der Nebengebäude wegen Überalterung abgerissen wurden.

aus der Presskorkstangen entstanden. Die Alte Mühle indes, mit einem Wasserrad ausgerüstet, wurde 1983 wegen Überalterung abgerissen. Dieses Gebäude hatte 1874 Gustav Graupner übernommen, den Mühlgraben zur Süßmühle überbaut und eine Spunddreherei eingerichtet, die er 1898 aufgegeben hatte. Seitdem gehörte das Haus zur Korkfabrik Wm Merkel.

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VEB Blechpackung, 1980 bis 1989

Am 1. Januar 1981 wurde die Fabrik mit anderen dem Kombinat VEB Blechpackung Meißen im Mansfeldkombinat Wilhelm Pieck zusammengefaßt. Die Korkfabrik wurde Zweigbetrieb.

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Der neue Großbetrieb beschäftigte insgesamt etwa 2000 Arbeiter und gehörte zur Erzeugergruppe Leichtpackungen (Blechpackungen, Konservendosen, Deckel für Gläser und Flaschen u. a.). Andere Zweigbetriebe arbeiteten in Meißen, Pirna, Niederlommatzsch, Berlin, Stralsund, Rückmarsdorf, Marienberg, Eibenstock und Langenberg.

Ein sozialistischer Konzern war entstanden.

Raschau stellte Kronenverschlüsse, Anrollverschlüsse, auch Holz-, Kultur- und Spielwaren her. Zugrunde gelegen hatte dazu ein Beschluss des Ministerrates der DDR. Damit war die Selbständigkeit des Betriebes aufgehoben.

Als Betriebsleiter in der Fabrik waren tätig: Max Köhler (*30.11.1886 -14.3.1969). Er war von der Neustädtler Firma Schwerdtner nach Raschau gekommen und hier tätig bis 1953. Nach dem Krieg besorgte er das erste Korkholz. Dazu hatte er eine Reise nach Portugal und Spanien unternommen. Er soll auch der 'Erfinder' der modernen Kronenverschlüsse für Flaschen gewesen sein. Weitere Betriebsleiter waren Erich Dörstling, Wolfgang Kaden, Karl-Heinz Sulk und Gottfried Fischer.

Am 30. Juni 1990 wurde das volkseigene Kombinat Blechpackung Meißen aufgelöst.

Das unfaßbare Ende der Fabrik Fabrik

Ab 1. Juli 1990 wurde der reprivatisierte Betrieb umbenannt in 'Raschauer Kronenverschlüsse. In eine GmbH wurde er am 1.1.1991 umgebildet.

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Geschäftsführer wurde der Schwarzenberger Ing. Thomas Förster. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. 37 Korkarbeiter fanden in der neuen Firma ihre Arbeit. Auch Jensen Kircheis, ein hiesiger Bürger aus Langenberg, wirkte tatkräftig mit, das Unternehmen voranzubringen.

Produziert wurden die bekannten Kronenverschlüsse für Bier- und Limonadeflaschen, hergestellt aus Blechköpfen mit Plasteinlage. Die Technik entsprach jedoch nicht mehr dem Welthöchststand, denn noch immer musste ein geringer Ausschuß von Hand aussortiert werden.

Als Nachfolger der DDR-Firma VEB Vereinigte Korkindustrie Berlin meldete sich die Firma Rheinhold & Mahla AG, München. Die Anerkennung der Veränderung des Eigentums wurde am 13.1.1992 vom Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, Berlin, bestätigt. Somit war das Volkseigentum gesetzlich reprivatisiert worden. Das Gerücht ging um, sie seien selbst in Zahlungsschwierigkeiten geraten und der Pleite nahe. Also ordneten sie an, die erst in der Mitte der 80er Jahre gekauften Maschinen und auch die Vorräte an Material zu verkaufen.

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Doch ein in der Zeitung in kleinen Buchstaben gedruckter Artikel sagt aus, daß das Gesamtvollstreckungsverfahren betreffend des Vermögens Kronenkorken Raschau GmbH,GF Thomas Förster, am 23.1.2002 nach Verteilung des Erlöses eingestellt wurde. Einige alte Maschinen blieben noch in der Fabrik, mit denen der Konkurrenzkampf sicher nicht siegreich ausgefochten werden konnte. So wurde die Produktion am 1.5.1995 eingestellt.

Am 8. Februar 1996 bestätigten zwei Münchener Notare dem Amtsgericht in Aue, daß die Firma Rheinhold & Mahla AG, München, als alleiniger Eigentümer der Raschauer Korkfabrik auf ihr Eigentum verzichtet. Am 15. Oktober 1997 verkündet das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, Berlin: "Das Grundstück ist zur Zeit herrenlos." Die bisherigen 'Mitarbeiter' ob dieser für sie lebenswichtigen Veränderungen nicht befragt, aber in die Arbeitslosigkeit abgeschoben worden.

Seit dieser Zeit siechen nun die Fabrikgebäude dahin. Da kein 'Herr' sich darum kümmert, wurde das Eingangstor von Unbekannten aufgebrochen. Illegal sollen in der Fabrik Fremde übernachtet haben. Besonders die Büroräume wurden heimgesucht. Zerstörung und Verfall veränderten mittlerweile den einst angesehenen Betrieb in eine unheimlich anmutende Stätte des Verfalls.

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Im Jahr 2009 solltes es dann soweit sein, dass nach viel "Papierkrieg", Fördermittel für den Abriss bereit gestellt wurden.

Der Ortschronist, Siegfried Hübschmann, war auch hier mit der Kamera dabei...

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Als wäre nichts gewesen.

Im Jahr 2013 war am Standort der ehemaligen Korkfabrik eine schöne Grünfläche mit Parkcharakter entstanden.

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Zur 775 Jahrfeier von Raschau und Markersbach war an dieser Stelle ein vielbesuchter Mittelaltermarkt.

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Auch zum Spätsommerhutzen 2018 wurde der Platz genutzt:

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Dieser Inhalt beruht auf Grundlage der Unterlagen der von Siegfried Hübschmann erstellten Ortschronik.

Fotos: Siegfried Hübschmann, Helmut Schmuck, Chronik Raschau