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Die Homepage wurde von der Interessengemeinschaft "Chronik Raschau" erstellt und ist keine offizielle Seite der Gemeindeverwaltung.

 

Tafel 18 Almhof

 

Wie Raschau zu einer Burg

und später zu einem Almhof kam

(Zusammenstellung erfolgte auf Grundlage der Unterlagen der Ortschronik von Herrn Siegfried Hübschmann)

Familie Georgi

Hermann Arno Georgi war ein echter Erzgebirger. Fleiß und Unternehmungsgeist, Organisationstalent und Heimatgefühl zeichneten ihn Zeit seines Lebens aus. Er wollte Großes und Dauerhaftes schaffen. Die Freuden des Lebens versuchte er zu fördern, und er wollte auch seine Mitbürger damit beglücken. Arno wurde Kellner, kannte sich auch in anderem Handwerk recht gut aus. Der Vater Hermann Georgi aus dem Nachbarort Mittweida war nach Raschau in die ab der 40er Jahre des 19. Jh. bebaute Bergstraße verzogen. Dort hatte er ein Grundstück mit einem 1855 abgebrannten Haus erworben (OL 33D, Bergstraße 18). Das Haus war bald wieder aufgebaut. Hier wurde Arno Georgi als Sohn des Hermann Georgi jr (geboren am 26.01.1853 - verstorben am 18.02.1940) und Henriette Georgi, geb. Kircheiß (geboren am 22.10.1854 – gestorben am 02.1935) am 19. März 1884 geboren.

Arno hatte 5 Geschwister: Curt, Guido, Max, Walter und Paul.

Von Curt Georgi gibt es noch eine kuriose Anekdote zu berichten:

Bruder Curt,  * am 27.07.1891 - verst. am 25.11.1948. Dieser war verheiratet mit Zilla Georgi, geb. Bitterlich  * 22.11.1892 in Crottendorf und verst. am 01.10.1956 in Raschau.
Die Beerdigung war im November 1948 etwas spektakulär. Nachdem die Trauergäste gegangen waren, beobachteten 2 Kinder aus der
Trauerfamilie  wie aus dem Grab eine Hand mit Schuhen herausragte. Sofort ging es nach Hause alles Gruselige berichten. Die Familie war sich sicher, daß der Totengräber die "Sonntagsschuhe" aus dem Sarg genommen hatte.
Es folgte nach längerem Hin und Her eine Exhumierung und - es war wirklich so.

Am 10.10.1890 brannte auch das Geburtshaus ab. Ein neues, größeres Haus entstand bald an gleicher Stelle.

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Das Haus Bergstraße (jetzt Zum Sportplatz) 18 im Jahr 1908 (Arno links im Bild)

Aber schön der Reihe nach, bereits Arno´s Vater wollte ein Gasthaus eröffnen.

Bemühungen um Eröffnung eines Gasthauses

Fast am Ende der damals bebauten Viehzit wohnten die Georgis. Der Vater Hermann wollte dort eine Schankwirtschaft eröffnen und sein Glück als Gastwirt versuchen. Als Korkschneider verdiente er bei Wm Merkel, der bekannten Korkfabrik, nur sehr wenig. So bat er am 01.11.1892 den Raschauer Gemeinderat um Genehmigung zur Eröffnung eines Schankbetriebes. Eine Woche später tagte der Rat mit dem neuen Bürgermeister Heinrich Dittmar, und mit 10:1 Stimmen wurde das Ersuchen abgelehnt. Der erste Versuch war fehlgeschlagen. Am 16.11.1903 wiederholte Vater Georgi den Antrag. Doch erneut erfolgte eine Ablehnung mit der Begründung, dass ein Bedürfnis für die Eröffnung einer Schankwirtschaft nicht vorliege. Auch ein Antrag beim 'Bezirksausschuß' wurde von diesem am 23.01.1904 abgelehnt. Auch der zweite Versuch war gescheitert.Doch die Georgis gaben nicht auf. Erneut wandten sie sich am 11.05.1906 an den Gemeinderat. Antragsteller war diesmal der Sohn Amo, von Beruf Kellner. Der Gemeinderat befürwortete diesmal das Ansinnen. Doch der Bezirksausschuss lehnte erneut ab. Auch der dritte Versuch war danebengegangen. Bereits vierzehn Tage später behandelte der Gemeinderat zu Raschau ein erneutes Ansuchen von Arno Georgi. Er wollte auf einem eben erworbenen Gemeindegrundstück an der Viehzit ein Wohnhaus errichten und darauf die Schankgerechte haben. Der Rat stimmte dem zu. Doch die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg lehnte ab. Das vierte Mal ein Misserfolg! 

Den nächsten Antrag stellte Arno Georgi am 24.01.1907. Wieder stimmte der Gemeinderat zu, diesmal unter der Leitung des neuen Bürgermeisters Max Jäger. Arno wollte in dem zu errichtenden Haus eine 'Sommerfrische mit Restaurant' eröffnen, dazu einen Konzertgarten. Doch die Kreishauptmannschaft Zwickau lehnte alles ab. Der fünfte Misserfolg für Georgi.
In Raschau wurde 1908 die Ortswasserleitung errichtet. Solange an diesem Objekt gebaut wurde, erhielt Arno Georgi die Erlaubnis 'zur Ausübung seines Gewerbes' in einer beweglichen Kantine. Er durfte alkoholfreie Getränke und Bier verkaufen. Doch der Wasserleitungsbau ging bald zu Ende. Damit endete auch der sechste Versuch mit einem Dilemma. Doch Arno Georgi gab nicht auf.

Vom Bau der Georgenburg 1909 - 1914

Am 7. Januar 1909 schickte er erneut ein Bittgesuch an die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, das von außergewöhnlicher Höflichkeit und tiefer Unterwürfigkeit gekennzeichnet ist. Es hatte folgenden Wortlaut:"Konzession betr. für den Kellner Arno Georgi. Nachdem ich schon einmal das Glück genossen habe, vom hohen Bezirksausschuß mit einem Wunsch erfüllt zu bekommen, erlaube ich mir höflichst, das Wohlwollen der gütigen Verwaltung noch weiter zu erbitten, nämlich wurde mir das Vertrauen auf den hohen Bezirksausschuß darin geschenkt, indem ich Konzession auf Bier und alkoholfreie Getränke für eine Baukantine zum Wasserbau Raschau bekam und alles in Ordnung gehalten habe. Ich bitte nun gütigst nach Ablauf der Kantinenkonzession dieselbe auf das von mir zu bebauende Haus (Sommerfrische) übertragen zu wollen. Sollte jedoch kein Bedürfnis für Bier erkannt werden, so bitte ich wenigstens alkoholfreie Getränke zu genehmigen die Güte zu haben.

Er war jedoch auch ein heimatverbundener Romantiker. Großes und Dauerhaftes wollte er schaffen, für sich und seine Mitbürger. Nicht nur im Gaststättengewerbe kannte er sich aus, auch die Bauberufe waren ihm nicht fremd. Also erstellte er Baupläne für eine Burg. Was dem Eisenacher die Wartburg ist, sollte dem Raschauer die Georgenburg werden.

Da ich durch den Bau unserem lieben Erzgebirge eine neue billige Wohnstätte für Sommerfrischler schaffen will, ganz besonders aber auch dadurch den kürzesten Weg nach dem Fichteiberg mehr an die Öffentlichkeit zu bringen suche und zugleich dem Ortsteil Viehzit den ihm noch fehlenden Schlüssel zu geben gedenke, zumal dieser Ortsteil mit allem Komfort wie schöne Straße, tiefe Beschleusung, Gasstraßenlaternen und kommender Wasserleitung mit Hochdruck, eingerichtet und nur noch erschlossen zu werden brauchet. Ich versichere nochmals, daß ich nur einen guten Zweck verfolge. Baupläne folgen. Indem ich freundlichst bitte, mir meine Wünsche erfüllen zu wollen, danke ich im voraus und zeichne ganz hochachtungsvoll Amo Georgi, Kellner.

Die Pläne konnte man durchaus mit kühn bezeichnen - für eine Sommerfrische:

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Diesen Plan reichte er vorläufig nicht mit ein und somit hatte er diesmal mit seinem Gesuch Erfolg.

Die Baugenehmigung wurde von der Amtshauptmannschaft am 21.4.1909 erteilt. Und Arno begann mit dem Bau des neuen Hauses. Die Ortswasserleitung lief an seinem Grundstück weit draußen an der Bergstraße vorüber. Für die weitere Bebauung und Besiedlung des neuen ’Ortsteils Viehzit' bestanden gute Voraussetzungen, zumal die Bergstraße bis zum Pöhler Steig (begann am Wasserbehälter hinter der jetzigen Sporthalle, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gebaut war) eine 'schöne Straße' geworden war.

Also konnte eine Gaststätte ganz draußen den Tourismus fördern, Wanderungen von hier aus zur Hundsmarter, Skiausflüge bis zum Fichtelberg konnten unternommen werden. Und die Gäste sollten bei Arno Georgi auch Möglichkeiten zum übernachten erhalten. Die Baupläne hatte Amo Georgi pünktlich nachgereicht. 1911 wurden diese verändert und ergänzt. Diese wiesen jedoch kein gewöhnliches Wohnhaus aus, sondern eine stattliche Ritterburg. Arno war also auch ein echter Romantiker, dem es die alten Ritter angetan hatten. Also nannte er sich später 'Arno Georgi auf Georgenburg'. In einer Ritterburg einzukehren, das gefiel sicherlich vielen abenteuerlichen Gästen. So dachte der werdende Burgherr.

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Die Baupläne lagen also ausgereift vor. Was aber weitaus nicht ausreichte, das waren die Gelder. Arno arbeitete als Kellner in der Heimat, immer wieder auch in Gaststätten an der Ostsee. Verdienst und Trinkgelder reichten nicht aus, das große Objekt zu finanzieren. Immerhin belief sich die Grundfläche des zu errichtenden Gebäudes auf 210 qm (1911). Der Wert wurde damals mit 34800 Mark eingeschätzt. Eine Kreditaufnahme war unumgänglich. Arno Georgi gönnte sich keinen Urlaub. Er legte selbst ständig mit Hand an, um das Bauwerk voranzubringen. Kluge Zungen behaupten, er habe die 'Burg' ganz allein erbaut. Wahr ist, dass er als Helfer auch Jugendliche und Kinder herangezogen hat. Natürlich waren dort die Hauptakteure auch Maurer, Zimmerleute, Dachdecker u. a. Als das Gebäude halb fertig war, versuchte sich Arno hier schon als Schankwirt.

Schon 1909 wurde ihm die Genehmigung erteilt, alkoholfreie Getränke zu verabreichen. Diese Bitten wiederholte er in den nächsten Jahren. Der Gemeinderat genehmigte sie.

So bat er am 27.4.1911 um die Erteilung einer Konzession zur Übernachtung, zur Verabreichung von Speisen, zum Ausschank von Bier, Wein und Likören sowie zur Abhaltung von Gartenkonzerten und erzgebirgischen Liederabenden. Der Bezirksausschuß lehnte dieses Gesuch wegen 'Mangel an Bedürfnis' ab.
Zur Kirmes 1911 erhielt Arno einen Erlaubnisschein, 'in einem Zimmer' seines neu erbauten Hauses 'Kaffee, Kakao, Schokolade, Tee, Milch, Bouillon, Eiskaffee, Eisschokolade, Sauerbrunnen, Selterwasser mit Fruchtzusatz auszuschänken.
1912 erhielt der Gastwirt einen Kredit von der Gemeinde.
Keine Genehmigung gab es seitens der Amtshauptmannschaft (Dr. Wimmer) für die Abhaltung von Singspielen. Auch in nächster Zeit sollte dafür keine Erlaubnis erteilt werden, da die Behörde erfahren hatte, daß bei den bisherigen, meist von jungen Leuten besuchten Veranstaltungen ganz und gar ungeeignete Sachen zum Vortrag gekommen seien.

In jenen Jahren diente in Raschau der gefährliche Ortsgendarm Fürchtegott Weber. Er beobachtete auch die neue Gaststätte pflichtgemäß. Am 2. Februar 1913 spielte die Singspielgemeinschaft 'De Guttsgäber’ unter Leitung von Marie Schlick aus Gottesgab. Sie trugen besonders erzgebirgische Volkslieder mit Instrumentalbegleitung vor.

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Doch eine Genehmigung für Singspiele lag dem Gastwirt nicht vor. Das hatte der Polizeidiener nach oben gemeldet. Arno wehrte sich. Er schrieb an die Behörde u. a., dass an jenem Tage 250 bis 300 Personen zugegen waren, ebensoviele mussten wegen Platzmangel wieder gehen.

Die meisten Raschauer Gäste waren Arbeitersportler vom ATSB, die der SPD nahestanden, die sich 1911 zum Zentralverein zusammengeschlossen hatten und oberhalb der künftigen Georgenburg einen kleinen Sportplatz ausgebaut und noch 1911 eingeweiht hatten. Ab April 1913 erhielt Arno Georgi endlich die andauernde Genehmigung zum Ausschank von Bier und zur Abhaltung von Singspielen. Dem Wirt wurde bescheinigt, daß er 'rechtschaffen, rührig und sparsam' sei.
Arno Georgi hatte längst eine Familie gegründet. Auf seinen Ausflügen hatte er seine künftige Lebensgefährtin kennengelernt. Am 4. Januar 1906 hatte Arno mit Pauline Höll (*15.10.1884) die Ehe geschlossen. Sie stammte aus Stolzenhain in Böhmen. Ihr Vater arbeitete dort als Waldarbeiter. Aus der Ehe gingen bald fünf Kinder hervor Arno, Edith, Harrybald, Herta und Fraya (verstarb als Kleinkind).

1913 scheint für Arno Georgi ein recht erfreuliches Jahr gewesen zu sein. Die Georgenburg war fertiggestellt. Im Inneren des hohen Gebäudes befanden sich die Gaststätte mit Theke und Kachelofen, oben der Rittersaal, das Burgverließ, eine Rüstkammer mit Kostümen und einer Ritterrüstung, die Frauenkemenate (Kemnate: mittels Kamin oder Kachelofen beheizbaren Wohn- und Arbeitsraum in einer Burg) und einige Fremdenzimmer. Auch ein Stülpnerstübel war eingerichtet worden, hatte doch einst der Wildschütz Karl Stülpner auch Raschau aufgesucht und in 'Bocks Gaststätte' (Hauptstraße 30 OL 22 - neben Felsenkeller, auch Fickersche Schänke genannt) getanzt.
Arno hatte Ende Juni 1913 ein 'Burgfest’ organisiert. Ein Festzug bewegte sich durch den Ort. Daran beteiligt waren Ritter zu Pferde, Landsknechte, auch Pagen und schöne Damen.

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Nebenbei hatte sich Arno Georgi als Fotograf einen guten Namen gemacht.

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Viele Fotos von Raschau und Umgebung hinterließ er. Er gründete einen eigenen Vertag, ließ Ansichtskarten drucken, deren Erlös auch der Finanzierung des Bauwerks diente. Schon 1910 wurde eine Karte verbreitet mit dem Foto eines Kometen am Sternenhimmel beim Fichteiberg.

Im Frühjahr 1914 wurde in Raschau der Erzgebirgszweigverein gegründet. Arno Georgi hatte bei der Vorbereitung aktiv mitgewirkt und wurde auf der ersten Versammlung als Vorsitzender gewählt. Dem Verein gehörten damals 13 Mitglieder an. Arno übte diese Funktion aus bis 1922.

Arno besaß auch eine dichterische Begabung, Georgenburg, Erinnerung an die Burg im Erzgeb. - Mundart von Arno Georgi auf Georgenburg.

Dor Mitternacht Stünd'l hot geschlon'g,
Noch klingt es aus'n Thaelern,
Im Stülpnerstüb'l, Rittersaal un' Damazimmer
Schie dor Burggeist dorch dor Gäste Koppe zieht.
Wenn d' Burgwach' macht d' aerschte Rund'
Do zieht dor Gäste Schaar früh in des Tholes Grund.
Dor Brück'n Ket'n knirsch'n dorch d' Still' -
Un ner noch ruf’n hart mor dorch des Burges Tour
Schie is' bei eich Georgenritter, hold un' fei,
Bei eich do kehr'n mor öftersch ei. - Galück auf.'

Mehrere Werbeschriften kamen unter das Volk. Darauf war auch Arnos Wappen aufgedruckt, das auf die alte Ritterzeit hindeutete.

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Im unterhalb der 'Burg' gelegenen großen Garten hatte er einen ansehnlichen Teich angelegt.
In dem dort befindlichen Boot konnten die Gäste gondeln.

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Arno hatte auch die Absicht, dem König von Sachsen Friedrich August III. ein Denkmal zu erstellen.
Im Frühjahr 1914 eröffnete er die Georgenburg offiziell mit dem Dauerschankbetrieb. Vor allem die Sportler waren nach wie vor seine ständigen Gäste. Doch kurz darauf begann der Erste Weltkrieg. 

Arno Georgi blieb vom Militärdienst nicht verschont. Er wurde Soldat und war an der Westfront eingesetzt. Er war deutsch-national gesinnt und trat für Kaiser und Reich ein. 

 Rekrutenaushebung

An seine Frau Pauline schrieb er diese Karte.

Gruß von der Aushebung (Aushebung wird im Militär die Einberufung von vorher gemusterten Soldaten,

Wehrpflichtigen und Milizionären in den Militärdienst verstanden)

Halle, den 15. 6. 1904
Liebe Paula.
Ich mache Dir die Mitteilung, daß ich heute zu "1 Jahr zurück" ausgehoben worden bin.
Mit den besten Grüßen verbleibe ich Dein Amo.

Doch mit dem Frieden in schwerster Zeit kam auch neue Hoffnung auf für die Betreibung der Gastwirtschaft. So stellte Arno Georgi am 11. April 1919 an die Amtshauptmannschaft folgende Anträge:
1. Berechtigung zur Übernachtung in den Fremdenzimmern.
2. Abhaltung von Theater und Singspielen.
3. Erlaubnis für Tanzveranstaltungen in geschlossener Gesellschaft.
4. Verabreichung kalter und warmer Speisen zu jeder Tageszeit.
5. Ausschank aller alkoholischer Getränike.
6. Ausspannung und Krippensetzen

Im Sommer 1921 entstand neben der 'Burg' eine Scheune auf einer Grundfläche von 104 qm, deren Äußeres auch an die Ritterzeit erinnerte. Weil Amo dazu keine Bauzeichnung besaß, drohte die Behörde mit einer Strafe. Der Besitzer hatte wohl die Scheune selbt konstruiert. Im Januar 1922 veranstaltete er ein Bockbierfest. Dieses wurde gut vorbereitet. Jeder Teilnehmer sollte im voraus sechs Glas Bockbier bezahlen. Für dieses Ansinnen bekam der Wirt aber keine Genehmigung. 

Die nun einsetzende Inflation brachten ihm neue Sorgen und weniger Einnahmen. Erst 1924 schienen wieder positive Zeiten für Arno Georgi zu beginnen. So durfte er beim großen Schulfest 1925 auf dem Festplatz den Bierausschank übernehmen.
Im Gasthaus wurden die Gäste von jungen Kellnerinnen bedient. Bekleidet mit kurzen Röcken, sollen sie jungen Männern eine Augenweide gewesen sein. Die Georgenburg war eben ein angenehmes Lokal, wo sich junge Leute auch amüsieren konnten. Doch darauf hatte auch der örtliche Polizeidiener ein scharfes Auge.
Bald kam neues Ungemach auf den Gastwirt zu. Die 'Freie Sportvereinigung' in Raschau hatte 1924 begonnen, oberhalb der Georgenburg eine Sporthalle zu bauen. Diese wurde nach anderthalbjährger Bauzeit am 13. Juni 1926 eingeweiht.

Sporthalle

In der 'Halle' konnte nicht nur getanzt werden, sondern in einem größeren Gastraum verabreichte ein Wirtschaftsausschuss Speisen und Getränke. Jedes Wochenende fanden nun sportliche Veranstaltungen durch die Sektionen Turnen und Handball statt. Wochentags wurde trainert. Der Fußballsport entwickelte sich. Versammlungen und Feste von Vereinen und Parteien der Arbeiterschaft fanden dort statt. Die meisten der bisherigen Georgenburggäste hatten eine neue Heimat gefunden. Damit wurden auch die bisherigen Freunde Arno Georgis bald zu seinen Widersachern.

Wegen dem nachbarlichen Schankwirtschaftsbetrieb in der Sporthalle gab es wiederholt Streit. So meldete er der Behörde, dass in der Halle Tanz abgehalten wurde und dabei auch Bier ohne Genehmigung ausgeschänkt wurde. Der Sportverein wurde bestraft. Es kam schließlich soweit, dass Arno Georgi 1929 zu drei Wochen Gefängnis verurteilt wurde. Sein Wirken als Gastwirt fand ein vorläufiges Ende.

Am 11. Juni 1929 pachtete der Schlosser Kurt Krauß für 3 1/2 Jahre die Georgenburg. Er durfte alkoholische Getränke verkaufen, Tanzvergnügungen abhalten. Singspiele und Gesangsvorträge waren gestattet. Im Erdgeschoss nutzten die Gäste zwei Gasträume. Im Obergeschoss befanden sich drei Fremdenzimmer als Herberge. Im Frühjahr 1932 war die Zeit der Verpachtung abgelaufen. Arno meldete sich wieder zurück. Am 4. April 1932 wurde er aufgefordert, innerhalb einer Woche anzuzeigen, ob er den Gaststättenbetrieb wieder übernehmen würde oder nicht. Auf diese kategorische Forderung antwortete Arno positiv. Er erhielt die Genehmigung, wieder als Gastwirt tätig zu sein.

Die Geldnöte ließen ihn nicht los. Einen von einer Behörde erhaltenen Vorschuss konnte er bis zum 19. Dezember 1932 nicht zurückzahlen. Deshalb wurde ihm die Ausübung der Geschäftstätigkeit wieder entzogen. Er durfte ab 15. Dezember nicht mehr ausschänken, wenn er bis dahin den restlichen Vorschuss nicht zurückzahlen würde. Doch am 10. Februar 1933 erhielt er erneut die Schankgenehmigung. Er hatte die Beamten in einer Aussprache überzeugt und blieb Gastwirt. 

Auch Arno Georgi erlag den Rausch der Naziversprechen und wurde aktives Mitglied dieser Bewegung.

Die nachbarliche Sporthalle mit der Gaststätte hatten indessen die Nazis 1933 beschlagnahmt, geschlossen und versiegelt. Doch der von Arno Georgi erwartete Aufschwung für seine Burg blieb aus. Somit sah er sich gezwungen, trotz aller Mühen seine Gastwirtschaft für immer aufzugeben. Deren Siechtum zog sich solange hin, bis es zu einer Zwangsversteigerung kam. Dieses traurige Ereignis fand am 6. September 1935 statt.

Meistbietender Ersteigerer war die Erste Wernesgrüner Aktienbrauerei, vormals Männel, in Wernesgrün. Diese gab die Besitzrechte weiter an den meistbietenden Gastwirt ab. So wechselte der Gastwirt in den Folgejahren mehrmals, aber dies ist schon wieder eine ander Geschichte.

Der Burgherr Arno Georgi hatte am 15. März 1917 ein Raumgrundstück im Forstrevier Raschau, in Abteilung 14 an der Wernitz (Werns-Bächlein) gelegen.  Das sollte sich als ein glücklicher Handgriff erweisen für das spätere Leben der Familie Georgi.

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Arno Georgi, der Einsiedler

Arno Georgi hatte nun all seinen Besitz an der Bergstraße verloren. Verblieben war ihm der Raum am Wernitzbach. Dort sah er seine Zukunft.

In den Wäldern dort wurde früher Bergbau betrieben. Reste vom 'Charlottenstollen' sind noch zu erkennen. Größere Relikte hinterließ der ’Münzerstollen’ -  zwei Halden und ein Lichtloch sind noch erhalten. Man grub auf Silber und Eisenerz. Nach 1800 wurde das Schürfen eingestellt.

Im Raum wuchsen seltene Pflanzen, darunter 17 geschützte Pflanzenarten. Doch noch war das Gelände nicht unter Naturschutz gestellt worden.

Das meiste Baumaterial für das Wohnhaus fand er im Wald. Sauberes Wasser floß im Wemsbächlein herunter, das sich aus mehreren Quellbächen weiter oben im 'Himmelreich' (alte Schächte) gebildet hatte.Schon 1935 hatte Amo eine kleine einsame Hütte von ca. 10 qm Fläche erstellt, mit reichlich 2 m Höhe, in der übernachtet und gekocht werden konnte.

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Er baute daneben einen Schuppen. Bald hatte er auch die Grundmauern des neuen Wohnhauses erstellt. Die Gattin und die Söhne halfen ihm beim Bau. Nach und nach wuchs der Bau zum Himmel. 1937 konnte das Haus bezogen werden.

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 Die Familie Georgi lebte nunmehr im Wald in der Einsiedelei. Das Gebäude wurde weiter ausgebaut, auch Anbauten kamen hinzu, auch ein kleiner Balkon. Von dort aus hat man einen weiten Ausblick nach Westen über Grünstädtel bis nach Schwarzenberg. Gegenüber dem Haus errichtete Arno eine Scheune. Das 1934 entstandene Hüttchen wurde entfernt. Arno schaffte sich einen Ochsen an, viel später ein Pony, mit dem er auf die Dörfer zum Einkäufen ritt.

Pony

(zum Heimatfest 1958 lieh Arno sein Pony Goldie, so hatte er es genannt für den Festumszug aus)

Er betätigte sich nach wie vor als aktiver Fotograf. Es entstanden Bilder nicht nur von Besuchern der Einsiedelei. Das einfache Volk nannte Arnos Wohnstätte ganz einfach "Ben Kellner-Arn", das Raumgrundstück wurde zum "Kellnerraum". Der Name “Almhof” verbreitete sich erst in der DDR-Zeit.

Arno hielt sich auch nach 1945 oft in Raschau auf. Dabei kam er auch an der 'Schützenburg' vorüber. Letzmalig wurde er in der Sporthalle 1960 gesehen, war dort jedoch kein gern gesehener Gast. Viele Sportler hatten noch den Dauertwist von Arno und den Sportlern im Kopf.

Arno Georgi verstarb am 27. April 1964. Für sein Anwesen im Raum fand sich kein Nachfolger.

 

Die Ski- und Wanderhütte Almhof

Die Gemeinde Raschau kaufte den Erben das Gelände ab.

Der gesamte Kellnerraum sollte genutzt werden als Flächennaturdenkmal und für den Tourismus. Eine Ski- und Wanderhütte sollte eingerichtet werden. Im Juli 1964 wurde das Gebiet besichtigt, das eine Fläche von 3,29 Hektar einnimmt. Im Antrag des Kreisnaturschutzbeauftragten hieß es: 'Wiesenpflanzenwuchs in weitgehend unberührter Natürlichkeit erhalten und außerdem beinahe Gesamtheit der zum Aussterben bedrohten und daher naturgeschützten Arten in verhältnismäßig reicher Zahl von Pflanzen auf kleinem Raum vereinigt.’

Auch das ehrwürdige Haus wurde besichtigt, die künftige Ski- und Wanderhütte. Vorläufig wurde es baupolizeilich gesperrt wegen des schlechten Zustandes. Beschlossen wurde, das Gebäude zur Nutzung der BSG Rotation Raschau zu übergeben. BSG-Leiter war Gotthold Meyer, Stellvertreter Siegfried Hübschmann. Die Sektionen Wandern und Touristik, Leiter Rudolf Eichler, und Wintersport, Leiter Günter Müller (der 'Busch') kümmerten sich nun um die neue Einrichtung. 

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1964 nach der Übernahme, links über der Eingangstür befindet sich noch der Balkon

Ein Hüttenrat wurde gebildet, ihm gehörten an: Rudolf Eichler, Vorsitzender; Erich Fiebich, Natur und Heimat; Heinz Pohl, Natur und Heimat; Karl Wünsch, Touristik; Günter Mildner,, Pappenwerke; von der Sektion Wintersport Günter Müller, Siegfried Rösel, Kurt Lorenz. Eine Hüttenordnung wurde beschlossen.

Erste Sanierungsarbeiten wurden sogleich eingeleitet. Zuerst wurde die Hütte winterfest gemacht. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, beim Ausbau mitzuhelfen. Es gab gute Vorstellungen, wir das Gebäude aussehen sollte:

 

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Zeichnungen: Kreisarchiv KA ERZ Gm Rau n 45 As 150

Nun wurde eifrig gearbeitet. Besondere Verdienste erwarben sich Siegfried Rösel, Kurt Lorenz und Günter Müller. Das Gebäude bestand nach Umbau aus Aufenthaltsraum, Küche, Sanitäranlage, Schlafräumen mit 20 Betten. Eine Scheune wurde genutzt. Licht wurde mit Hilfe der Wasserkraft gewonnen, wie bereits bei Amo Georgi. Die Hauptarbeit leistete zunehmend Siegfried Rösel (1932 -1988). Er war Kraftfahrer und Fuhrparkleiter beim VEB Pappen- und Kartonagenwerke Raschau, später Gastwirt in der Sporthalle Raschau.

kurt 2 Nach getaner Arbeit ist gut ruhen!

Um den Materialtransport zu erleichtern, wurden verschieden "Transportmittel" gebaut.

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an 04 Mit Fahrer Kurt Lorenz

Die Sektion Wandern und Touristik hatte schon 1964 eine Sylvesterfeier im Almhof veranstaltet. Jeder Teilnehmer sollte als Eintritt zwei bis drei Briketts und etwas zum Trinken mitbringen.

Silvester

Unmittelbar am Hang hinter dem Almhofeingang wurde in jenen Jahren auch eine Sprungschanze durch die Sektion Wintersport erbaut, wo einige Skisprungveranstaltungen stattfanden.

Schanze Der Schanzenanlauf

Der Almhof wurde endgültig 1967 seiner Bestimmung übergeben. An der Einweihung nahmen der Bürgermeister Manfred Hetzel und sein Stellvertreter Heinz Wagner teil. Die neue Sportstätte sollte vorerst der BSG Rotation und dem Schulsport dienen. Gewürdigt wurde vom Festredner Gotthold Meyer die bisherige Arbeit, besonders die von Siegfried Rösel und Kurt Lorenz.

Auch weiterhin wurde emsig gebaut und gestaltet. Neuer Fußbodenbelag im ganzen Haus, neues Dach, Terrasse, Werkstatt gehörten dazu. Strom und Licht lieferte bald ein Dieselmotor.
In den nächsten Jahren kehrten unzählige Gäste in der Hütte ein. Vielerlei Veranstaltungen, Freude und Frohsinn. Baudenabende wurden organisiert. Sogar eine Almhofkapelle spielte auf. Zu ihr gehörten Heinz Bräuer, der Akkordeonspieler, und Kurt Lorenz, Spezialist auf der Teufelsgeige. Mit ihr saß er beim Spielen meist auf dem Fensterbrett.

 

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und hier noch ein Foto vom Bandnachwuchs:

Bandnachwuchs

Es wurde getanzt.

Auch Vorträge wurden gehalten, und der Gesang kam nicht zu kurz. 

Die Verantwortlichen der Sektion Wandern überließen den Almhof bald der Sektion Wintersport. Sportfrauen leisteten eine hervorragende Arbeit, allen voran Christa Rösel

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Jutta und Jutta Lorenz.

Sie hatten nicht nur in der Küche zu tun. Sie mussten auch Woche für Woche die Betten neu beziehen und die genutzte Bettwäsche nach Raschau transportieren und säubern. Das war eine zeitraubende ehrenamtliche Arbeit, die nichts einbrachte. Somit reifte der Entschluss, den Almhof zu verkaufen.

So ergab sich 1972 die Gelegenheit, den Almhof an die BSG Motor Ifa Karl-Marx-Stadt zu verkaufen, deren Sektion Wandern das Objekt übernahm. Die Hütte war in gute Hände gekommen. In den folgenden Jahren wurde sie weiter ausgebaut, instandgehalten und verfeinert.

Nach der politischen Wende zerfiel auch die BSG Motor IFA Karl-Marx-Stadt, die Wanderfreunde gründeten jedoch einen eigenen Verein, der bis heute die Hütte betreut.

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Dieser Inhalt beruht auf Grundlage der Unterlagen der von Siegfried Hübschmann erstellten Ortschronik und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Fotos: Siegfried Hübschmann, Thomas Rösel, Chronik Raschau

Über Hinweise und Ergänzungen würden wir uns sehr freuen!